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(…) Seine Arbeit beginnt, wie die nahezu eines jeden Künstlers mit einer Suche. Doch nicht mit der Suche nach einem Motiv, einer Eingebung, einem Vorwand für den Umgang mit Material, sondern mit der Suche nach Bildpotentialen und deren Modalitäten. Mittels unterschiedlicher künstlerischer Handlungsweisen nähert er sich dieser Fragestellung an. Wie er Farb- und Formensprache der klassischen Moderne und der Farbfeldmalerei, beispielsweise in Renaissancegemälden oder frühmittelalterlichen biblischen Darstellungen entdeckt, extrahiert, und in eigene Malereien – Tafelbilder – übersetzt, so begegnen ihm diese Potentiale auch in der Alltagswelt. Altmanns Handlungsstrang der Diaprojektionen – zugleich raumbezogene Installationen und temporäre Wandmalereien – liegt schlichtes Wegwerfmaterial, wie Plastikverpackungen und Einkaufstüten, zu Grunde, deren malerischer Substanz er mittels gezielter Setzungen winziger Diarähmchen habhaft wird. Arbeiten von subtilem Zweiten-Blick-Charakter ergänzen deutliche, durchaus das ein oder andere Schmunzeln entlockende Zitate, wenn Frank Altmann aus der Plastiktüte eines großen Discounters ein Hard-Edge-Painting heraus präpariert. Barnett Newman goes shopping, könnte man sagen, oder: Who’s afraid of LIDL. Altmanns Arbeit vermag es, Zeitbögen zu spannen; thematisiert aktuelle Anliegen in historischen, ebenso wie die Vergangenheit in der Jetzt-Zeit, und antwortet auf eine der wohl zentralsten Fragen der sich heute erschaffenden Kunstgeschichte – der Frage nach Zeitgemäßheit – mit einer zeitlosen Poesie des Revivals. Frank Altmann schärft unseren Blick dafür, dass Kunst oft gerade dort ist, wo wir vielleicht am wenigsten mit ihr rechnen, und dass eine künstlerische Handlung damit beginnt, sie zu entdecken. (…)

Ariane Faller-Budasz (Künstlerin und Kuratorin)

Frank Altmann setzt sich in seinen Arbeiten (Gemälde und Objekte) mit der Moderne und ihren wichtigsten Grundpfeilern wie Originalität, Fortschritt und Abstraktion, mit der Frage nach Möglichkeiten und dem Leistungspotenzial der Abstraktion in der Gegenwart auseinander. Durch eine meist indirekte Herangehensweise entstehen „indirekte“ Werke, es findet eine Reinszenierung, ein Zurück in die Zukunft bzw. ein Spiel mit der Moderne statt. Die Frage nach der Bewertbarkeit der Kunst, nach der Utopie der Moderne und deren Vermächtnis bzw. das Werk als Versuchsanordnung und Experiment bildeten denn auch die Grundidee für die in der Ausstellung präsentierten Werke, Teil einer Werkreihe, woran der Künstler seit 2005 arbeitet. Auf der Suche nach der Formfindung der Moderne, der konkreten Kunst oder des abstrakten Expressionismus durchforstet er dabei unterschiedlichste Quellen aus unterschiedlichsten Zeiten – von der karolingischen Buchmalerei über Zeichnungen der Renaissance bis hin zu japanischen Holzschnitten oder Farbexperimenten um 1800 – die Bandbreite der Vorlagen (vereinzelte Details oder ganze Werke), in welchen er Entsprechungen und Verknüpfungen in Details aufspürt, ist sehr reich. Dabei geht es dem Künstler nicht nur um eine Gleichzeitigkeit von Ideen und Stilen, sondern auch um ein kritisches Hinterfragen der vermeintlichen Grundwerte der Moderne, des Klischees von moderner Kunst. Der Blick in die Vergangenheit trägt zur Konstruktion von absurden Verbindungen, zur Konstruktion von Kunstgeschichte, zur Entstehung von neuen Bildern bei.

Kiki Seiler-Michalitsi (Kuratorin Kunst Raum Riehen)